Alles steht still

Manchmal stehe ich nun am Balkonfenster und schaue nach draußen: Wir haben etwa 10cm Schnee, der die Natur bedeckt. Er ist auch bis auf meinen Balkon gekrochen und lässt die Heide wie mit Puderzucker bestreut aussehen.

Im Frühjahr, als es eigentlich noch zu kalt war, hab ich die nasskalte Erde in den Töpfen und Trögen umgegraben und war voller Erwartung, dass das erste Grün sprießt - was es dann ja auch tat. Und kurze Zeit später begann ein Wachsen und Wuchern, ein Blühen und Gedeihen. Der Balkon wurde lebendig, jeden Tag sah er anders aus. Es war ein Kommen und Gehen von Pflanzen und Insekten. Dieser Wandel, das zögerliche Aufkeimen, dann das unbändige Drängen und Sprießen im späten Frühjahr und dann die Stagnation, als im Sommer alles im Zenit stand, das aufkommende Gefühl der Erschöpfung und Erfüllung im Spätsommer, wenn alles immer langsamer wurde und alles was blieb, Früchte und Samen waren. Selbst dieses langsame Zugrundegehen der Natur hat mich fasziniert. Und irgendwann kam dann der Moment, als es wirklich vorbei war. Die Natur hatte alles gegeben und erbat sich nun eine Pause.
Und wenn man das Gartenjahr so intensiv verfolgt und erlebt hat, kann man die Natur gut verstehen. Sie braucht die Pause, den totalen Rückzuck und Stillstand.
Nun hat sie ihn.
Die restlichen, überwiegend leeren Pflanzgefäße stehen dicht gedrängt auf dem kahlen Balkon. Die wenigen Überwinterer sind eingepackt und aneinandergekuschelt und dennoch haben es nicht alle von ihnen geschafft. Die zweistelligen Minusgrade in den letzten Wochen haben die Minze erfrieren lassen - zumindest oberirdisch. Und der Lavendel sieht auch etwas mitgenommen aus.
Im Haus, am Balkonfenster, stehen nur die Babys, die Ableger und Stecklinge aus dem Spätsommer, die für den Winter draußen definitiv zu klein waren. Der einzige, der dem Frost trotzt, ist die Heide - der bescheidene Schmuck des Balkons. Und unter Folie stehen Spinat und Feldsalat regungslos im Winterschlaf.
Der Winter ist noch lange nicht vorbei, wir werden sehen, wer es bis in den März schafft, wenn es wieder losgeht. Wie der Phönix aus der Asche.

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