Das Volksbegehren Artenvielfalt...

- warum ich unterschrieben habe und hoffe, dass der Gesetzentwurf nicht durchgewunken wird.

Kurz und knapp: ich finde - wie so oft bei gut gemeinten Initiativen - dass der Gesetzentwurf nicht zu Ende gedacht ist. Er ist nicht ausgegoren.

Deshalb kam es jetzt genau so, wie ich mir erhofft habe: es ist absehbar, dass die Regierung das Gesetz ablehnt und dann entweder eine überzeugende Alternative vorlegt oder eine Volksabstimmung nötig wird. Und auch in dem Fall hoffe ich, dass nachgebessert wird.

Warum hat Buddel schon wieder 'was zu meckern???

1. Ich sehe nicht, wie den Landwirt*innen angemessen geholfen wird, die Umwälzungen umzusetzen, ohne dass es längerfristig zu ihren Lasten geht. Solche Szenarien wie wegfallende Fördermittel für Naturschutzmaßnahmen, weil sie zukünftig gesetzliche Pflicht sind, sind natürlich bitter. Wie soll man sich als Landwirt da nicht aufregen? Wir dürfen nicht vergessen, dass Landwirt*innen nicht aus purem Idealismus den Boden bearbeiten. Sie müssen wirtschaftlich eine gewisse Effizienz erreichen - nicht nur für das eigene Auskommen, sondern auch, weil sie Lebensmittel für eine Gesellschaft in bestimmter Menge produzieren müssen. Ich glaube, viele Landwirte, vor allem die mittleren und kleineren Betriebe, haben per se nichts gegen ökologische Bewirtschaftung des Landes, es muss nur realistisch sein. Und da finde ich den Gesetzentwurf etwas einfallslos. Es sich mit den Landwirt*innen zu verscherzen, ist keine gute Idee, denn wenn wir unsere gelobte ökologische Landwirtschft umsetzen wollen, brauchen wir Fachkundige, die das tun. Wir können nicht alle Selbstversorger werden... Je mehr Agronome das Handtuch werfen, weil der Berufsstand einfach untragbar ist, desto mehr werden wir importieren müssen und haben noch weniger Einfluss auf die Qualität der Lebensgrundlage.

2. wir müssen uns klar sein, was ein höherer Anteil biologischer Landwirtschaft bedeutet. Nichts würde mich glücklicher machen, als wenn unsere Lebensmittel grundsätzlich ökologisch erzeugt wurden; wenn "bio" zur Normalität wird. Aber ökologische Landwirtschaft ist in manchen Bereichen weniger effizient, das heißt, es ist Mehrarbeit erforderlich oder der Ertrag ist etwas kleiner. Das bedeutet, die Preise steigen. Nun sind Lebensmittel in Deutschland sowieso im Vergleich sehr viel billiger als in anderen Ländern Europas. Aber dennoch muss man eine Preissteigerung für jene verträglich gestalten, die sich auch jetzt die breite Palette Bio-Lebensmittel einfach nicht leisten können. Ich weiß wovon ich rede, meine wirtschaftliche Situation war nicht immer so rosig, wie jetzt, aber mit steigendem Einkommen stieg auch der Anteil an Bio-Lebensmitteln in meinem Einkaufskorb. Also: wenn wir unsere Agrarproduktion auf ökologisch umstellen wollen, werden wir uns etwas einfallen lassen müssen, um wenigstens die Grundnahrungsmittel auf einem niedrigen Preisniveau zu halten, sonst rebellieren wirtschaftlich schwache Bevölkerungsgruppen völlig zurecht.

3. Mir geht der Gesetzentwurf nicht weit genug. Ja, klar, die Landwirtschaft ist ein großer Batzen in der Problemdiskussion, aber viele Bereiche bleiben unerwähnt.
Und ketzerisch gefragt, wir können unsere Rente durch verschiedene Maßnahmen aufbessern, der Staat fördert das. Warum können wir nicht in kleinem Umfang auch die ökologische Gestaltung von Immobilien und Gärten konsequent fördern? Menschen unterstützen, die sich für den Erhalt von Artenvielfalt aktiv einsetzen?

4. Last but not least: dieses Volksbegehren war erfolgreich, weil eine unglaubliche Werbekampagne über das Land rollte. Und es ist schön, dass viele Menschen über Ökologie und Nachhaltigkeit geredet haben, die das noch nie getan haben. Ich denke, DAS ist notwendig. Wenn der ökologische Gedanke eine ähnliche Präsenz im Bewusstsein der breiten Bevölkerung bekommt, wie seit den 90er Jahren der *Gesundheitstrend*, der den Lebensstil vieler veränderte, dann werden viele Dinge, auch Gesetzesgrundlagen, ganz natürlich nachfolgen. Nichts ist schwieriger durchzusetzen als ein Anliegen, das niemanden interessiert.

So, jetzt zurück zur Anfangsfrage. Aus den genannten Gründen habe ich mit dem Mitbewohner lange diskutiert (der noch skeptischer war), ob wir das unterschreiben sollen. Wir haben uns dann dafür entschieden, weil wir das Folgeszenario durchgespielt haben: das Volksbegehren ist erfolgreich, der Landtag muss sich damit beschäftigen. Sehr gut. Der wird es aber nicht akzeptieren, sondern einen Gegenvorschlag machen, über den es dann einen Volksentscheid gibt. Dieser Gegenvorschlag ist ja nur aussichtsreich, wenn er im Sinne des Wählers verändert wurde. Das kann ein fauler Kompromiss sein, das kann aber auch ein erfreulicher Kompromiss sein, denn offensichtlich ist es der Wählerschaft ja nicht ganz egal, wie mit dem Thema umgegangen wird.

Wir haben also unterschrieben in der Hoffnung, den Gesetzentwurf dadurch zu einer Verbesserung zu bringen. Denn grundsätzlich ist das zu Befürworten.

Und während wir warten, freuen wir uns über die ersten Krabbler und Brummer, die aus der Winterpause in unseren Garten kommen :)

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