Ganz oder gar nicht? Oder halb?? Der Kampf mit dem Plastik...

Wenn ich über dieses Thema nachdenke, entweicht mir jedesmal ein tiefer, ratloser Seufzer...

Ihr wisst, mein Gärtchen schreibt sich auf die Fahne, ein historisch informiertes zu sein, dessen Bepflanzung und Bewirtschaftung am Modell anno dazumal orientiert ist. Gärtnern wie vor 100 Jahren.
Der größte Dorn in meinem Gärtnerauge sind daher Dinge aus Plastik, denn die dürften eigentlich gar nicht existieren - zumindest nicht in meinem Garten.
Mein großer Eimer: Plastik.
Mein Komposter: Plastik.
Das Fenster im Frühbeet: Plastik
und dergleichen mehr. Ich mühe mich schon, nur Pflanzgefäße aus Ton im Garten zu haben, eine Regentonne und eine Gießkanne aus Metall, Pflanzschilder aus Tontöpfchen und Rankgerüste aus Zweigen.
Ich habe schon viel Erfindungsreichtum aufgewandt, um Kunststoffe nicht in meinen Garten zu lassen, aber an manchen Punkten beginne ich zu (ver-)zweifeln, denn die Gegenwart lässt mir quasi keine Alternativen neben jenen aus Plastik Fantastik.

 Ich habe monatelang hin und her überlegt, ob ich ein Frühbeet mit Plastikscheiben in den Garten stellen soll. Alternativ hätte ich selber eines bauen müssen aus alten Fenstern. Klingt romantisch, aber das wäre schlicht am Zeitmangel gescheitert. Und wenn dann der Hagel kommt und die Scheiben zerschlägt, geht alles von vorne los. Also, mit Blick auf nachhaltige, dauerhafte und sichere Lösungen: Plastik, in Gottes Namen...

Der gleiche Terz mit dem Kulturschutznetz. Eigentlich müsste ich Netze aus Leinen über die Beete spannen - so Omas Aussage. Aber zum Teufel: woher bekommt man Leinen in dieser Qualität? Jute, grobmaschig, wäre eine Idee. Ich hab mich schlau gemacht: Jute und Rupfen gibt es in Maschenweite von 5mm bis quasi 0mm. Aber ich traue mich nicht, denn Jute mit 1mm Maschenweite (drüber brauchen wir gegen Erbsenwickler und Erdfloh gar nicht anfangen...) ist dann doch so dicht, dass sie die Pflanzen nennenswert beschatten würde. Und soll ich auf gut Glück in so viel Jutestoff investieren, um am Ende festzustellen, dass es nicht geht und ich eine halbe Gartensaison durch Lichtmangel ruiniert habe? Also vielleicht helfen größeren Maschen noch gegen Kartoffelkäfer und Kohlweißling, aber die sind beide in meinem Garten ein eher marginales Problem...

Last but not least: wo soll das Netz denn drüber gespannt werden? Ein Pflanztunnel muss her! Kein Problem, gibt es ja genügend schlaue Ideen: Einfach ein PE-Wasserrohr zugeschnitten, in die Erde gesteckt... nee, Moment, das ist ja schon wieder Kunststoff. Da gibt es (richtig teure) Alternativen aus Alu, aber das ist ökologisch ja keineswegs besser als Plastik. Schließlich hab ich sehr schöne Tunnelbögen aus Eisen gefunden, auch nicht gerade günstig, aber was soll's, nur: eigentlich sind sie zu klein, in die Erde gesteckt vielleicht 50, 60cm hoch. Für meine Erbsen schon fast zu niedrig, für den Rosenkohl sowieso. Und da frage ich mich dann, ob sich das Mehr an Geld lohnt für eine zwar dauerhafte und plastikfreie, aber nicht wirklich brauchbare Lösung - zumal das Schutznetz ja immer noch aus Plastik ist, aaaarrrr!!!
An dieser Zwickmühle ist letztes Jahr das Projekt Kulturschutznetz gescheitert und ich habe am Ende weder Tunnel noch Netz gekauft - sehr zum Bedauern meiner Erbsen und meines Kohls.

Gibt es jemandem mit Erfahrung in Sachen plastikfreie Kulturschutznetze???

Seien wir ehrlich: Plastik ist ein Problem, aber auch ungemein praktisch. Leicht, robust, wasserfest, billig. Ich friemel jedes Jahr Mikroplastik aus meinen Beeten, Krümel, die noch von der alten Beetumrandung vom Vorbesitzer in der Erde sind und mich ärgern. Aber abgesehen von dem höheren Preis bei nicht unbedingt besserer Qualität und Haltbarkeit ist es manchmal wirklich kompliziert, plastikfreie Alternativen überhaupt zu bekommen.
Meinen Plastikeimer gegen einen Zinkeimer auszutauschen, macht vor meinem ökologischen Gewissen keinen Sinn. Er ist ja nun mal da und werfe ich ihn weg, ist er Müll. Der *Fehler* ist ja quasi schon längst passiert...

Also was soll ich machen? 
Gibt es einen vertretbaren Kompromiss oder sollte ich mich radikal dem historischen plastikfreien Gärtnern verschreiben, auch wenn es Geld und Ernteerträge kostet? Wo wird mein persönlicher Feldzug gegen Plastik zum dogmatischen Selbstzweck??

Am liebsten sind mir immer noch geschnorrte, upcycelte oder aus Naturmaterial selbst gewerk
elte Lösungen. Das führt allerdings gerne zum Hamstern und Horten von Kram und Material, das man vielleicht nochmal brauchen könnte. Buddik - wie der Saarfranzose sagt. Aber bevor der sich ansammelt, greift der Mitbewohner meist rigoros durch.





Kommentare

  1. Hallo Cecilia,
    also einen vorhanden Plastikeimer aus Prinzip zu Müll zu erklären ist doch wirklich unsinnig. Wenn ein anderer ihn weiter nutzen mag - ok.

    Ich hatte mir im Anfang unserer Gartenzeit - vor ca. 20 Jahren die alten Zinkkannen zusammengesammelt bzw. mir auch neue und meist dann qualitativ schlechtere besorgt, die an jeder Wasserstelle im Garten griffbereit standen. Aber inzwischen sind mir die einfach viel zu schwer - vor allem, weil es im letzten Sommer reichlich Wasser zu schleppen gab …

    Früher gab es im Garten meiner Mutter nur in die Erde eingelassene alte Metallfässer. Eines wurde inzwischen durch ein Kunststoff-Faß ersetzt. Das andere hatte ich beim Teil-Einbau ins Erdreich 1992 beidseitig dick mit Hammerite gestrichen - zur Zeit ist das immer noch dicht. Also eventuell eine Alternative zur Kunststofftonne. Wobei ich vermute, dass in dem Anstrich auch so einige nicht gerade verträgliche Stoffe enthalten sind.

    Als 'Tunnel'-Gestänge würden sich doch sicherlich auch kleine selbstgebaute eckige Tore aus dickeren Haselruten eignen. Oder gibt es einen guten Grund, warum die Tunnelform gewählt wird?
    Und Netze könnte man ja zumindest theoretisch im Winter selbst häkeln (Stäbchen). Ich hatte das mal vor x Jahren aus Baummwolle für Meisenknödel gemacht, da ich es lieber farbig haben wollte und diese Plastiknetze so hässlich fand. Inzwischen verwende ich allerdings lieber 2 Sieblöffel (Kochutensil), um die Meisenknödel auch rabensicher sich zu verpacken.
    Und dabei fällt mir ein, dass man als Schutz doch auch prima Alu-Fliegengitter verwenden könnte. Daraus mache ich mir für empfindliche Pflanzen nämlich Schneckenkragen. Am oberen, leicht umgebogene Rand lasse ich bewusst die vielen kleinen scharfkantigen Gewebeenden stehen, das verleidet den Schnecken endgültig die Lust am Hochschleimen …
    Vielleicht bringt Dich ja etwas davon auf andere Ideen?
    LG Silke

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    1. Liebe Silke, danke für die vielen Anregungen! Die Tunnelfrage können wir mit recht attraktiven Eisenbögen dauerhaft klären. Haselruten war auch mal eine Idee, aber... ach... da fängt man alle paar Jahre von vorn an, weil sie hinüber sind. Die Idee, Netze zu häkeln ist doch eher eine theoretische ;-). Ich wüsste nicht, wie man so feine Netze häkelt und vor allem: wie viele Winter braucht man, um 5x3m Netz zu häkeln??? In kleinem Rahmen wie in deinem Beispiel ist das eine prima Sache, stelle ich mir sehr schön vor.
      Das Experiment mit Jute wurmt mich immer noch - aber um Erdflöhe und Läuse in Schach zu halten, wird's am Ende wohl leider doch ein Plastiknetz werden (müssen).
      Viele Grüße,
      Cecilia

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  2. Alte Gardinen habe ich schon umfunktioniert gesehen - die sollen ja immerhin hauptberuflich Licht reinlassen. Ist wenigstens Upcycling, aber an die kommt man auch immer schwerer ran, hat ja kaum noch jemand.
    VG
    Elke

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  3. Das ist ja mal eine gute Idee! Spontan fiel mir meine ungeliebte Spitzentischdecke ein... die ist nur nicht groß genug und die Maschen unterschiedlich weit :-P. Aber prinzipiell ist das eine sehr denkbare Lösung. Danke für die Anregung!

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